Un Abstract dall’Introduzione del nuovo libro di Guido Cusinato, Person und Selbsttranszendenz. Ekstase und Epoché des Ego als Individuationsprozesse bei Schelling und Scheler, Königshausen & Neumann, Würzburg 2012.
Person und Selbsttranzendenz cover
EINLEITUNG
Im Zentrum dieser Arbeit steht die Frage nach der personalen Identität und der Orientierung in unserer flüchtigen postmodernen Zeit. Nach dem Expressivist Turn, wie Charles Taylor darlegt, hat es keinen Sinn mehr, in der Idee eines transzendenten Guten oder eines Wertes an sich einen Bezugspunkt zu suchen. Wo aber müssen wir dann die Quelle der Orientierung unserer Existenz suchen? Nach dem Sturz der von Nietzsche kritisierten repressiven Moral sind die ethische Orientierung und die Freiheit häufig als das Ergebnis einer autonomen Entscheidung des Subjekts verstanden worden. Es ist interessant zu beobachten, wie sich der Neoliberalismus und das postmoderne Denken des anything goes – die zwei Standpunkte, die sich seit dem Anfang der achtziger Jahre in der Wirtschaft und der Philosophie durchgesetzt haben – trotz des Kontrasts zwischen ihnen auf einen sehr ähnlichen Freiheitsbegriff beziehen, der für sich das Recht zur unbegrenzten Erweiterung der eigenen Potentialität beansprucht und jede Grenze – solange sie kein bloß formaler Respekt vor der Freiheit des Anderen ist – als eine nutzlose Störung betrachtet, so dass sie aus einer „deregulation“ im wirtschaftlichen wie im ethischen Feld das eigene Credo machen.
Dieses Modell der Freiheit und der Entwicklung – dem das entspricht, was Gilles Lipovetsky société d’hyperconsommation nannte – erweist sich immer deutlicher als unfähig, der Menschheit vor den neuen Herausforderungen im ökonomischen, sozialen, ethischen und politischen Bereich eine Orientierung zu bieten. Michel Serres hat die Hypothese aufgestellt, dass die aktuelle ökologische Krise auch die Folge einer „mentalen Verschmutzung“ sei. Um ein Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur wiederzugewinnen, schlägt Serres einen contrat naturel vor, der davon ausgeht, dass der Mensch lernen sollte, die Tugend der Zurückhaltung auszuüben, die Ausweitung der eigenen Macht innerhalb gerechter Grenzen zu halten und das Ziel der eigenen Existenz vom Besitz auf die kreative Handlung zu verschieben. (Person und Selbsttranszendenz (Einleitung))
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